Hydraulischer Abgleich gemäß GEG: Pflicht, Fristen und ein Ausblick
Hydraulischer Abgleich gemäß GEG: Pflicht, Fristen und ein Ausblick
- Gasmangellage erhöht Druck für mehr Energieeffizienz-Maßnahmen
- §§ 60 a,b,c GEG und die Pflicht zum hydraulischen Abgleich im Neubau und im Bestand
- Ausweitung der Pflicht zum hydraulischen Abgleich auf Heizungen mit Wasser als Wärmeträger (nicht nur gasversorgte Anlagen)
- Verfahren B und gleichwertige Verfahren
- Fördersituation für den hydraulischen Abgleich in Deutschland
- Warum warten dennoch so viele Eigentümer und Hausverwaltungen ab, bevor sie den hydraulischen Abgleich durchführen lassen?
Der 26. Februar 2022 wird uns allen noch lange in schlechter Erinnerung bleiben. Mit dem Überfall auf die Ukraine hat Russland eine Zäsur in der europäischen Nachkriegsgeschichte markiert. Und das erste Mal seit der Ölkrise zu Beginn der 1970 er Jahre musste Deutschland sich mit einer akuten Energiemangellage auseinandersetzen. Die Politik handelte, EnSikuMaV und EnSimiMaV sind die Verordnungen, die schnell die Runde machten und kurzfristige und mittelfristige Maßnahmen zur Energieeinsparung im Gebäudebereich regelten.
Gasmangellage erhöht Druck für mehr Energieeffizienz-Maßnahmen
Vor allem der Gasmangel war so akut, dass man mit Energieeffizienz-Maßnahmen wie dem hydraulischen Abgleich in kurzer Zeit, nämlich innerhalb von zwei Jahren, ca. 11 TWh Erdgas einsparen wollte.
Aber es ist nicht viel energiewirtschaftliche Expertise nötig, um zu erkennen, dass die Fokussierung auf Erdgas deutlich zu kurz gesprungen war. Denn auch Fernwärme wird in weiten Teil in Gaskraftwerken erzeugt und jede Einsparung dort führt ebenfalls zu einer spürbaren Entlastung.
Die deutsche Bundesregierung wollten zudem zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen und mit dem novellierten Gebäudeenergiegesetz (GEG) – umgangssprachlich auch als Heizungsgesetz bekannt geworden – den Druck zu mehr Energieeffizienz gleichmäßig auch auf andere fossile Energieträger wie Öl ausdehnen, auch ohne akute Mangellage.
§§ 60 a,b,c GEG und die Pflicht zum hydraulischen Abgleich im Neubau und im Bestand
Realisiert hat sich dies in der Novellierung des GEG und dort im Speziellen in den neuen Paragrafen 60 a,b,c, die ab 01.01.2024 (60a) bzw. ab 01.10.2024 (60b und c) in Kraft traten. Prominent in allen drei Paragrafen vertreten: die Verpflichtung zum hydraulischen Abgleich.
Wie bereits im GEG 2020 geregelt, ist nach wie vor in jedem Neubau der hydraulische Abgleich Pflicht.
Im Gebäudebestand wurde jedoch lange gerätselt, ob und wenn ja in welchem Umfang er durchzuführen sein würde.
Hier kristallisieren sich mittlerweile deutlich zwei Auslösetatbestände heraus:
1. Pflicht zum hydraulischen Abgleich beim Einbau einer neuen Heizungsanlage
Wenn eine neue Heizungsanlage in einem Gebäude mit mehr als sechs Wohn- oder Nutzeinheiten eingebaut wird, ist unabhängig vom Energieträger immer ein hydraulischer Abgleich durchzuführen, sofern Wasser als Wärmeträger fungiert. Auch der Anschluss an die Fernwärme fällt zweifelsfrei unter diese Regelung.
2. Pflicht zum hydraulischen Abgleich, wenn die Heizungsprüfung die Notwendigkeit ergibt
Wenn der Heizungscheck in einem Gebäude mit mehr als sechs Wohn- oder Nutzeinheiten den hydraulischen Abgleich gem. § 60 b als geeignete Optimierungsmaßnahme identifiziert, ist dieser innerhalb geregelter Fristen verpflichtend umzusetzen. (Zur Erinnerung: 69 Prozent der 15,5 Millionen zentral beheizten Wohngebäude in Deutschland sind nicht abgeglichen – so eine Auswertung von co2online von Ende 2023; dazu kommen noch die Gewerbebauten).
Die Fristen laut § 60b:
Ausweitung der Pflicht zum hydraulischen Abgleich auf Heizungen mit Wasser als Wärmeträger (nicht nur gasversorgte Anlagen)
Aber: Gilt diese Optimierungsmaßnahme nicht nach wie vor nur für gasversorgte Anlagen? Der nahtlose Übergang von EnSimiMaV zum GEG könnte diesen Schluss nahelegen. Ein Blick in die Gesetzesbegründung zu § 60 b des GEG gibt jedoch Aufschluss. Dort heißt es:
„Eigentümer eines Wohngebäudes mit mindestens sechs Wohneinheiten oder sonstigen Nutzungseinheiten, dessen Heizungsanlage mit Wasser als Wärmeträger vor dem 1. Januar 2009 in Betrieb genommen wurde, müssen den Betrieb der Heizungsanlage mit Blick auf die Energieeffizienz überprüfen und bestätigen lassen. Gegenstand der Prüfung ist überdies die Effizienz der Heizungspumpen und die Frage, ob das Heizsystem hydraulisch (§ 60c) abgeglichen werden muss. Die Regelung schreibt die Vorschrift aus § 2 EnSimiMaV fort und überträgt sie auf ältere Heizungen mit weiteren Brennstoffen.“
Verfahren B und gleichwertige Verfahren
Anders als noch in der EnSimiMaV lässt § 60 c neben Verfahren B nun auch gleichwertige Verfahren zu, sofern der Nachweis der Gleichwertigkeit erbracht werden kann, z. B. über datenbasierte Evaluierungen mit entsprechenden Zertifizierungen.
Aber darüber hinaus wird immer auch eine raumweise Heizlastermittlung (Nachweis über VdZ-Protokoll) gefordert. Die Durchführung eines hydraulischen Abgleichs mit einem zu Verfahren B gleichwertigen messtechnischen Verfahren ohne entsprechende raumweise Heizlastermittlung reicht nicht aus.
Fördersituation für den hydraulischen Abgleich in Deutschland
Der hydraulische Abgleich als Einzelmaßnahme wird bei größeren Gebäuden > 6 NE (Nutzeinheiten) nicht mehr gefördert.
Zudem werden alle Förderungen im Zusammenhang mit dem Einbau neuer Heizungen mit Wasser als Wärmeträger nur bewilligt, wenn der Nachweis des hydraulischen Abgleichs gemäß den Vorgaben des § 60c erbracht wird.
Warum warten dennoch so viele Eigentümer und Hausverwaltungen ab, bevor sie den hydraulischen Abgleich durchführen lassen?
Erstens: Die Hoffnung stirbt zuletzt: Neue Regierung – neues GEG?
Unsere Einschätzung: Nach den Erfahrungen der letzten GEG-Novellierung könnte die Politik einer erneuten Anpassung des GEG nach so kurzer Zeit zurückhaltend gegenüberstehen. Die Kartoffel ist noch viel zu heiß, um sie erneut anzufassen.
Zudem: Die Abhängigkeitssituation zu Russlands Energielieferungen hat entgegen der landläufigen Meinung nicht wesentlich abgenommen. Zwar gehen die EU-Importe von russischem Pipeline-Gas zurück, dafür gelangt immer mehr russisches LNG über europäische Häfen in die EU. Laut Angaben der NGO Global Witness gelangt über das Flüssigerdgas-Terminal in Zeebrugge das zweitmeiste russische LNG in die EU. Belgien sei mit 17 Prozent der drittgrößte Abnehmer von russischem LNG weltweit, nach China (20 %) und Spanien (18 %).
Dass weiterhin russisches LNG in die EU gelangt, ändert auch das von den EU-Botschaftern im Juni 2024 beschlossene 14. Sanktionspaket gegen Russland nicht. Denn es verbietet lediglich den Umschlag von russischem LNG in europäischen Häfen, das für Drittstaaten bestimmt ist.[1]
Die deutliche Reduzierung des Energieeinsatzes im Gebäudesektor und die damit einhergehende Verringerung der Abhängigkeiten von Russland werden demnach auch unter jeder anderen Regierung eine der wichtigsten energiepolitischen Ziele bleiben.
Zweitens: Planungssicherheit herstellen oder Nix wie ran an die Fernwärme
Jeder Eigentümer eines mit Gas oder Öl versorgten Gebäudes steckt mittendrin im Dilemma, welche Investitionsentscheidung bzgl. einer Heizungserneuerung er wann treffen soll. Gerade für größere Gebäude kann der 65 %-EE-Anteil oft nur über technisch sehr komplexe und teure Lösungen sichergestellt werden. Nun hoffen viele, dass die kommunale Wärmeplanung den Schlüssel zur Lösung des Problems auf dem Silbertablett präsentiert. In der Zeit, die bis dahin verstreicht[2], werden wichtige Maßnahmen zur Heizungsoptimierung wie der hydraulische Abgleich gerne noch ein wenig auf die lange Bank geschoben – zum Schaden unseres Klimas.
[1] Vgl. Lütkehus, Rainer, „Entsog soll Ausfall russischer LNG-Importe einkalkulieren“ energate messenger vom 22.07.2024.
[2] In großen Kommunen (ab 100.000 Einwohner) bis spätestens 30. Juni 2026, bei den kleineren bis 30.Juni 2028.
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